Liebe Schwestern und Brüder in der Pfarreiengemeinschaft,

in der 6. Kirchenmitgliedschafts-Untersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland äußert ein überwältigender Anteil von 96 % der deutschen Katholikinnen und Katholiken: „Meine Kirche muss sich grundlegend ändern, wenn sie eine Zukunft haben will.“

Dieser Äußerung steht meine Erfahrung entgegen, dass sich die Bereitschaft zur Veränderungen maßgeblich verringert, je mehr die Befragten selbst davon betroffen sind.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es auch in unserer Pfarreiengemeinschaft dringender, vielleicht sogar radikaler Veränderungen bedarf. Daher habe ich mich in den letzten Jahren und verstärkt nach Corona bemüht, Möglichkeitsräume aufzuzeigen, wohin sich unsere Gemeinschaft entwickeln könnte. Neben Nachdenklichkeit und Zustimmung haben diese Überlegungen auch zu massiven Gegenreaktionen und großer Ablehnung geführt.

Ein wichtiger Faktor scheint mir die Zeit zu sein. Die Gefahr ist aktuell sehr groß, dass wir durch Zögerlichkeit den Moment versäumen, in dem wir noch Gestaltungsspielräume für die Zukunft haben. Durch Mutlosigkeit und fehlenden Entscheidungswillen wird womöglich die Zukunft verspielt und es werden Menschen und Ressourcen verheizt.

Offensichtlich ist es mir mehrheitlich nicht gelungen, mit Ihnen ein Bild von der Zukunft zu entwerfen, das Lust auf ernsthafte Veränderung macht. Und natürlich weiß ich um die vielen guten Gründe, die es gibt, um am Althergebrachten festzuhalten.

Darüber hinaus brauchen Veränderungsprozesse zunächst mehr Kraft und Energie, als es ein Festhalten am Status Quo erfordert. Der Gewinn stellt sich aber erst mit der Zeit ein.

Ich glaube zutiefst an Gott, an Jesus Christus, an die Auferstehung, an die Eucharistie und alle wesentlichen Inhalte unseres Glaubens. Woran ich nicht mehr glaube, ist die bisherige Gestaltform von Kirche mit ihren territorialen Strukturen und ihren eingefahrenen Konzepten. Diese Strukturen fressen alle menschlichen und wirtschaftlichen Ressourcen auf und lähmen den notwendigen Wandel in der Kirche. Bischof Bätzing sagt: „Wir sind nicht am Ende, aber eine bestimmte soziale Form von Kirche neigt sich dem Ende zu.“

Dennoch halten sich aus meiner Sicht noch zu viele Katholiken auf allen Ebenen der Kirche an den Strukturen, Gebäuden, Konzepten und einer Verklärung der volkskirchlichen Vergangenheit fest. Diesen Weg kann man – bestimmt auch aus guten Gründen – gehen, aber es ist nicht mein Weg. Das ist mir in den letzten Monaten klargeworden. Seither spüre ich eine große innere Freiheit und eine große Lust auf Veränderung. Denn Freiheit ist kein Zustand, sondern ein Prozess fortwährender Befreiung. Und das ganze Leben ist eine Einübung ins Loslassen, nicht ins Festhalten. Deshalb freue mich darauf, bald selbst neue Möglichkeitsräume zu beschreiten.

Immer wieder hat Gott bisher in mein Leben eingegriffen und mir gezeigt, wohin mich mein Lebensweg führt. So geschieht es auch in diesen Tagen, das habe ich an vielen Zeichen erkannt und im Gebet geklärt. Deshalb werde ich nach fast sieben Jahren meinen Dienst in der PG Oberhausen-Bärenkeller zum 31. August 2024 beenden und ab 1. Januar 2025 die Leitung der Oase Steinerskirchen übernehmen.

Die Herz-Jesu-Missionare müssen die Leitungsverantwortung ihres Bildungshauses abgeben, weil sie personell dazu nicht mehr in der Lage sind. Hier wird meine neue Aufgabe liegen, auf die ich mich außerordentlich freue. Ökologie, Spiritualität, Bildung und Pfarrseelsorge sind Schwerpunkte in Steinerskirchen und sind auch wesentlich für mein Verständnis vom priesterlichen Dienst heute. In enger Zusammenarbeit mit den Herz-Jesu-Missionaren, die vor Ort bleiben, darf ich künftig an der Zukunft dieses geistlichen Ortes mitarbeiten, der weit in die Region hinein Ausstrahlung besitzt. Ich bin sehr dankbar, dass mir mein Bischof, Dr. Bertram Meier, diesen Schritt ermöglicht und dass mir auch der Orden dieses Vertrauen schenkt.

Nach mehr als drei Jahrzehnten in Schwaben freue ich mich außerdem, in meine altbayerische Heimat zurückzukehren, ganz in die Nähe meiner Eltern und meiner Familie.

Ich wünsche der Pfarreiengemeinschaft Augsburg/Oberhausen-Bärenkeller eine gesegnete Zukunft und danke den vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für jedes gute Zusammenwirken, für alle kritische und wohlwollende Begleitung und für den gemeinsamen Glaubensweg, den wir gegangen sind. Die Zukunft liegt in Gottes Hand. Und das ist auch gut so.

In Dankbarkeit und Verbundenheit,

Bernd Weidner, Pfarrer

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